17.08.2014
Hamas-Erlebnispark im Gazastreifen
Der ehemalige Stolz des Zoowärters al-Hissi liegt in Schutt und Asche. Zwischen den Tierkadavern bleiben verstörte und kranke Tiere zurück. Gedacht als Ablenkung für die Palästinenser - was bleibt, ist nur ein Bild der Verwüstung.
Die Tiere im Zoo von al-Bisan verharren in Angststarre.
Es stinkt im Zoo von al-Bisan, einem Vergnügungspark im Gazastreifen. Der Geruch verwesender Tierkadaver verstärkt den Gestank aus seit Wochen nicht mehr gereinigten Gehegen. Die gefangenen Tiere sind zwischen die Fronten des Konflikts geraten, in den sich Israel und radikale Palästinensergruppen in den vergangenen Wochen verstrickten.
Im Schatten ihres Käfigs verharren zwei Löwen in Angststarre. In ihrer Nähe liegen zwei tote Äffchen im Gras. Im Nachbargehege kämpft ein Pelikan gemeinsam mit einer Ente gegen die Fliegenplage; gegenüber liegt reglos ein kleines Krokodil in einem austrocknenden Pfuhl. Daneben verrottet ein Storch. Apathisch wirkt auch der Pavian, der seinen kleinen Käfig mit einem toten Artgenossen teilen muss. Wie viele andere Orte im Gazastreifen wurde der Vergnügungspark al-Bisan von schwerem Beschuss getroffen.
Die radikalislamische Hamas, die den Gazastreifen seit sieben Jahren beherrscht, hatte das Ausflugsziel samt Tierpark 2008 im Norden von Gaza angelegt, um die Bewohner des Palästinensergebiets von ihren Alltagssorgen abzulenken. Familien schauten sich hier die mehr oder weniger exotischen Tiere an und besuchten die Kaffeestuben. Der Reichtum an Pflanzen und Tieren im Gazastreifen hat unter den wiederkehrenden Kriegen und dem rasanten Bevölkerungswachstum arg gelitten. So mussten nicht nur die Löwen durch Schmugglertunnel vom ägyptischen Sinai importiert werden.
Überall liegen Kadaver
Doch nun hat al-Bisan nichts Vergnügliches mehr zu bieten. Die Tierkadaver liegen verstreut zwischen Gittern, die bei den Angriffen umhergeschleudert wurden. In Sichtweite des Zoos lassen verbeulte Trümmer von Raketenwerfern ahnen, warum hier Bomben einschlugen.
"Vor dem Krieg war es hier wunderbar. Palmen säumten die Wege, es war sehr grün. Alles war für Kinder gedacht mit Spielgeräten und Erholungsplätzen für die Familien", berichtet Wärter Farid al-Hissi. Immer noch sichtlich schockiert zählt al-Hissi auf: "Acht Affen sind tot und auch ein Strauß. Das Löwengehege ist kaputt, der ganze Zoo ist hinüber."
Das Verwaltungsgebäude wurde zerstört, die Palmen durch Detonationswellen entwurzelt. Das Dach des Löwenkäfigs ist eingestürzt; das Löwenpärchen erhebt sich nur noch, wenn der Wärter das tägliche Futter hineinwirft. Gleich daneben rennen sieben Wildhunde wie irre in ihrem zu kleinen Käfig im Kreis.
Raketenwerfer zwischen den Trümmern
Vom Zoo aus seien niemals Waffen eingesetzt worden, versichert al-Hissi. Aber neben einem großen Gebäude am Rande des Vergnügungsparks, das von Fliegerbomben schwer getroffen wurde, liegen verbogene Raketenwerfer zwischen den Trümmern. In manchen Rohren scheinen noch Geschosse zu stecken.
Darauf angesprochen, dementiert Zoodirektor Schadi Hamad energisch: "Es mag sein, dass es eine militärische Basis in der Nachbarschaft von al-Bisan gab. Aber der Feind hat offenbar entschieden, das ganze Ausflugsdorf zu bestrafen", erklärt der Direktor. "Sie verwüsten den Park, obwohl aus ihm niemals Raketen geschossen wurden", insistiert er.
Ein anderer Tierpark im Gazastreifen, gelegen in Dschbalija im Norden des Palästinensergebiets, ist von direktem Beschuss verschont geblieben. Der vor einem halben Jahr eröffnete Tierpark hat als Hauptattraktion unterschiedliche Taubenarten, sechs Löwen und einen deutschen Schäferhund. Alle machen in ihren Käfigen einen traumatisierten Eindruck.
"Der Lärm der unablässigen Bombardierungen hat sie völlig verstört. Die Vögel sind in heller Panik in alle Richtungen geflogen und gegen die Gitter geknallt. Mehrere kamen dabei um", berichtet Direktor Aamir Abu Uarda und fügt hinzu: "Manche unsere Tiere haben ihren Nachwuchs im Stich gelassen. Und diese Jungen sind auch gestorben."
Quelle: n-tv.de , Tom Little, AFP